Diese Rezension reflektiert die Tiergeschichte als Teilgebiet der Geschichtswissenschaft und stellt ihre Hauptargumente und zukünftigen Aufgaben vor. Ihr Hauptziel ist es, die neuen Forschungsperspektiven und -potenziale aufzuzeigen, die durch das von Susan Nance herausgegebene Buch The Historical Animal vorgeschlagen werden. Dazu gehören Themen wie das Problem des „Standpunkts des Tieres“, die „animal agency“ (Tiere als „historische“ Agenten und Akteure), das Problem der Identifizierung von Spuren tierischer Handlungen in „anthropozentrischen“ Archiven und die Suche nach neuen historischen Quellen (einschließlich der Zeugnisse von Tieren). Darüber hinaus werden methodische Schwierigkeiten erörtert, insbesondere im Zusammenhang mit der Idee der Historisierung von Tieren und der möglichen Verschmelzung der Geistes- und Sozialwissenschaften mit den Natur- und Biowissenschaften. In der Übersicht wird untersucht, wie die Beschäftigung mit Tieren Wissenschaftler dazu zwingt, die Geschichte als Disziplin in ihren Grundzügen zu überdenken. Die fortschrittlichsten Vorschläge kommen von Wissenschaftlern (von denen viele Historiker sind), die für eine radikale Interdisziplinarität eintreten. Die Autoren sind nicht nur daran interessiert, die Geschichtswissenschaft mit spezifischen Wissenschaften (wie Tierpsychologie, Ökologie, Ethologie, Evolutionsbiologie und Zoologie) zu verschmelzen, sondern stellen auch grundlegende Annahmen der Disziplin in Frage: die von Historikern beanspruchte epistemische Autorität für den Aufbau von Wissen über die Vergangenheit ebenso wie die menschliche epistemische Autorität für die Schaffung solchen Wissens. In diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Fragen: Können wir eine „Interspezies-Kompetenz“ (Erica Fudges Begriff) für die Schaffung eines artenübergreifenden Wissens über die Vergangenheit erreichen? Kann die Erforschung der Wahrnehmung von Veränderungen durch Tiere uns helfen, nicht-historische Ansätze für die Vergangenheit zu entwickeln? Können wir uns Berichte über die Vergangenheit vorstellen, die auf einer artenübergreifenden Koautorenschaft beruhen?