Luisa Weiner,1,2 Nader Perroud,3,4 Sébastien Weibel1,5
1Abteilung für Psychiatrie, Universitätsklinikum Strasbourg, Strasbourg, Frankreich; 2Laboratoire De Psychologie Des Cognitions, Universität Strasbourg, Strasbourg, Frankreich; 3Abteilung für Psychiatrie, Universitätskliniken Genf, Genf, Schweiz; 4Abteilung für Psychiatrie, Dalhousie University, Halifax, Nova Scotia, Kanada; 5Inserm U1114, Straßburg, Frankreich
Korrespondenz: Sébastien Weibel
Abteilung für Psychiatrie, Universitätsklinikum Straßburg, 1 Place De L’hôpital, Straßburg 67000, Frankreich
Tel + 33 388115157
Email [email protected]
Abstract: Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPD) sind besonders häufige Störungen, die in der erwachsenen Bevölkerung in hohem Maße komorbid sind. Zu den symptomatischen Überschneidungen zwischen ADHS und Borderline-Persönlichkeitsstörung bei Erwachsenen gehören Impulsivität, emotionale Dysregulation und zwischenmenschliche Beeinträchtigungen, was die Differenzialdiagnose erschwert. Unsere Übersichtsarbeit konzentriert sich auf aktuelle Daten zur komorbiden Form von ADHS und BPS sowie auf die Risikofaktoren für die Entstehung der beiden Störungen. Während ADHS und BPD bei Erwachsenen einige genetische und temperamentbedingte Risikofaktoren gemeinsam haben, ist ADHS bei Erwachsenen im Vergleich zur nicht komorbiden BPD durch eine stärkere Impulsivität gekennzeichnet; BPD-Patienten zeigen im Vergleich zur nicht komorbiden ADHS stärkere Symptome der Emotionsregulation. Patienten mit der komorbiden Form ADHS+BPD weisen in beiden Dimensionen schwere Symptome auf. Die frühzeitige Exposition gegenüber widrigen Ereignissen ist ein gemeinsamer Risikofaktor für die Entwicklung von ADHS und BPD, aber Art und Zeitpunkt der Widrigkeiten scheinen eine unterschiedliche Rolle bei der Entwicklung von BPD- und ADHS-Symptomen zu spielen. Das Alter des Auftretens war früher ein diagnostisches Unterscheidungskriterium zwischen ADHS, einer früh auftretenden neurologischen Entwicklungsstörung, und BPD, einer spät auftretenden psychischen Störung. Diese Unterscheidung ist jedoch in letzter Zeit in Frage gestellt worden, was den Bedarf an weiterer Forschung zur Abgrenzung der Störungen aus entwicklungspsychologischer und klinischer Sicht erhöht. Kliniker sollten die Komorbidität sorgfältig prüfen und ADHS und BPS in verschiedenen Dimensionen betrachten, um die Patienten wirksamer behandeln zu können. Dies könnte frühzeitige präventive Maßnahmen und die Behandlung komorbider Störungen im Erwachsenenalter verbessern.
Schlüsselwörter: ADHS, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Erwachsene, Emotionsregulation, Impulsivität