Ethanol, CH3CH2OH, wurde im interstellaren Medium (ISM) durch die Radioastronomie aufgedeckt und man nimmt an, dass es nach der Aufwärmphase der Kornoberfläche, wo es gebildet wird, in die Gasphase freigesetzt wird. In der Gasphase kann es durch verschiedene Reaktionen mit atomaren und radikalischen Spezies, wie z. B. Hydroxyl (OH)-Radikalen, zerstört werden. Die Kenntnis der Geschwindigkeitskoeffizienten all dieser Prozesse bei Temperaturen des ISM ist für die genaue Interpretation der beobachteten Häufigkeiten von wesentlicher Bedeutung. In dieser Arbeit haben wir den Geschwindigkeitskoeffizienten für die Reaktion von OH mit CH3CH2OH (k(T)) zwischen 21 und 107 K mit Hilfe der gepulsten und kontinuierlichen CRESU-Technik (Cinétique de Réaction en Ecoulement Supersonique Uniforme, d.h. Reaktionskinetik in einer gleichmäßigen Überschallströmung) bestimmt. Die gepulste Laser-Photolyse-Technik wurde zur Erzeugung von OH-Radikalen verwendet, deren zeitliche Entwicklung durch laserinduzierte Fluoreszenz überwacht wurde. Für k(21 K) wurde ein etwa 4-facher Anstieg gegenüber k(107 K) beobachtet. Im Vergleich zu k(300 K) ist die OH-Reaktivität bei 21 K um zwei Größenordnungen erhöht. Der erhaltene T-Ausdruck im untersuchten Temperaturbereich ist k(T) = (2,1 ± 0,5) × 10-11 (T/300 K)-(0,71±0,10) cm3 Molekül-1 s-1. Darüber hinaus wurde die Druckabhängigkeit von k(T) bei verschiedenen Temperaturen zwischen 21 K und 90 K untersucht. In den untersuchten Bereichen wurde keine Druckabhängigkeit von k(T) beobachtet. Dies könnte darauf hindeuten, dass diese Reaktion rein bimolekular ist oder dass die Hochdruckgrenze bei dem niedrigsten Gesamtdruck erreicht wird, der in unserem System experimentell zugänglich ist. Aus unseren Ergebnissen geht hervor, dass k(T) bei üblichen IS-Temperaturen (∼10-100 K) sehr schnell ist. Typische Ratenkoeffizienten liegen bei 100 K im Bereich von etwa 4 × 10-11 cm3 Molekül-1 s-1 und bei 20 K im Bereich von etwa 1 × 10-10 cm3 Molekül-1 s-1. Die Extrapolation von k bei den niedrigsten Temperaturen der dichten Molekülwolken des ISM wird in dieser Arbeit ebenfalls diskutiert.