OCT des vorderen Segments: Präzisions-Winkelbildgebung

Das OCT des vorderen Segments (AS-OCT) wurde erstmals 20011 beschrieben und ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Handel erhältlich. Dennoch hat sich diese Technologie in der klinischen Versorgung nicht durchgesetzt, nicht einmal bei Glaukomspezialisten. Dafür gibt es mehrere mögliche Gründe.

Auf einen Blick

  • AS-OCT kann ein wertvolles Instrument für die Identifizierung und sequentielle Bewertung von Patienten mit verschiedenen Pathologien des vorderen Augenabschnitts sein. Es ist besonders vorteilhaft für die Bewertung des Grades enger Winkel und des Winkelschlusses.
  • Die Präzision der AS-OCT kann wirklich außergewöhnlich sein, wenn die Bilder richtig erfasst werden.

Das erste AS-OCT-Gerät, das eingeführt wurde (Visante, Carl Zeiss Meditec), konnte nur für die Bewertung des vorderen Segments verwendet werden, und die Wellenlänge für die Scans (1.310 nm) war für die Untersuchung des Iris-Hornhaut-Winkels optimiert. Darüber hinaus waren die relativ hohen Kosten des Geräts und die fehlende Möglichkeit, das Verfahren von der Versicherung erstattet zu bekommen (zumindest in den USA), wahrscheinlich Faktoren, die sich auf die niedrige Akzeptanzrate auswirkten.

Außerdem sollten AS-OCT-Systeme trotz der großen Anzahl von Forschungsstudien, die eine gute Reproduzierbarkeit und Wiederholbarkeit belegen, die Standard-Gonioskopie-Technik ergänzen und nicht ersetzen. Einige Glaukomspezialisten sind der Meinung, dass es keinen Anreiz für die Einführung von AS-OCT gibt, da die Gonioskopie schnell und relativ einfach durchzuführen ist.

KLINISCHE VORTEILE

Trotz ihrer anerkannten Vorteile hat die Gonioskopie inhärente Mängel, von denen einige die Durchführung präziser Messungen erheblich behindern können. Die Gonioskopie erfordert eine praktische Ausbildung und möglicherweise Jahre, um sie zu beherrschen. Sie erfordert Kontakt mit dem Auge des Patienten, ist subjektiv und erfordert Licht zur Visualisierung, was die Winkelöffnung beeinträchtigen kann. Außerdem kann der Bediener bei der Gonioskopie den Winkel versehentlich durch unbeabsichtigte Eindrücke öffnen.

AS-OCT bietet im Vergleich zur Gonioskopie einige Vorteile. Sie erfordert keinen Kontakt mit dem Auge, kann in völliger Dunkelheit oder unter standardisierten Beleuchtungsbedingungen durchgeführt werden,5 und kann von einem Techniker durchgeführt und vom Arzt interpretiert werden. Obwohl das AS-OCT keine Bilder liefern kann, die mit der Eindruck-Gonioskopie vergleichbar sind, können Scans mit ein- und ausgeschaltetem Licht einen Eindruck von der Verengung des Winkels mit der Beleuchtung und dem Grad der Pupillenverengung vermitteln.

Glücklicherweise kann die aktuelle Generation von Spektralbereichs-OCT-Geräten (SD-OCT), die von Klinikern häufig zur Abbildung des hinteren Segments verwendet werden, auch Bilder des vorderen Segments aufnehmen. Daher ist die Anschaffung eines separaten, nur für den vorderen Augenabschnitt konzipierten OCT-Gerätes nicht mehr notwendig.

Die Wellenlänge von SD-OCT-Geräten liegt typischerweise zwischen 840 nm und 870 nm, verglichen mit den 1.310 nm von speziellen AS-OCT-Geräten. Obwohl dies die Penetration durch die Sklera einschränkt, verfügen die meisten SD-OCT-Geräte jetzt über Linsen oder Aufsätze für den vorderen Augenabschnitt, die die Abbildung des vorderen Augenabschnitts und der iridokornealen Winkel ermöglichen. Für diese Anwendungen wurden neue Parameter für das vordere Segment entwickelt, die auf der Lage der Schwalbe-Linie (anstelle des Skleralsporns) basieren, und SD-OCT verfügt über die exquisite Fähigkeit, die Schwalbe-Linie zu visualisieren.6,7 Darüber hinaus können das Trabekelwerk und die angrenzenden Strukturen leicht visualisiert werden, indem die so genannte TM-Schaufel oder das neu benannte Band der extrakanalen limbalen Lamina oder BELL identifiziert wird.8

Eine der häufigsten Indikationen für die Gonioskopie ist die Untersuchung des iridokornealen Winkels auf Winkelverschluss.9 Obwohl die Gonioskopie relativ schnell und einfach durchzuführen ist, bietet sie keine einfache Möglichkeit, den Grad der Winkelöffnung genau zu dokumentieren. Auch die Kriterien für die Entscheidung, ob ein Patient aufgrund der Gonioskopie allein eine Laseriridotomie für den Winkelverschluss benötigt, sind nicht genau definiert. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde berichtet, dass die AS-OCT-Parameter unter Verwendung eines Algorithmus, der auf AS-OCT-Scans vor der Behandlung basiert, glaukomgeschulten Augenärzten bei der Vorhersage des Erfolgs einer peripheren Laseriridotomie bei Augen mit primärem Winkelverschlussverdacht (PACS) überlegen waren.10 Daher ist die Einbeziehung der AS-OCT in die klinische Praxis sicherlich einen Blick wert.

In der klinischen Praxis ist einer der nützlichsten Aspekte der AS-OCT die Möglichkeit, die Scans zu nutzen, um Patienten über ihre Augenkrankheiten aufzuklären, insbesondere solche mit engen Winkeln oder mit primärem Winkelverschluss (PAC), die in der Regel asymptomatisch sind. Die Abbildungen 1 bis 5 veranschaulichen, wie präzise das AS-OCT in der Lage ist, Querschnittsbilder des iridokornealen Winkels unter standardisierten Beleuchtungsbedingungen aufzunehmen. In Abbildung 1 ist fast ein iridotrabekulärer Kontakt vorhanden, während in den Abbildungen 2, 3 und 4 ein eindeutiger iridotrabekulärer Kontakt zu erkennen ist.

pAbbildung 1. Vorderer Kammerwinkel mit nahezu iridotrabekulärem Kontakt. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT (Carl Zeiss Meditec) im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk./p

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Abbildung 1. Vorderer Kammerwinkel mit nahezu iridotrabekulärem Kontakt. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT (Carl Zeiss Meditec) im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk.

pAbbildung 2. Vorderkammerwinkel mit eindeutigem Iridotrabekel-Kontakt. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk./p

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Abbildung 2. Vorderer Kammerwinkel mit eindeutigem iridotrabekulärem Kontakt. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk.

pAbbildung 3. Vorderkammerwinkel mit eindeutigem Iridotrabekel-Kontakt. Aufgenommen mit dem Spectralis (Heidelberg Engineering) mit einer zusätzlichen Vorderkammerlinse (Heidelberg Engineering). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk./p

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Abbildung 3. Vorderer Kammerwinkel mit eindeutigem iridotrabekulärem Kontakt. Aufgenommen mit dem Spectralis (Heidelberg Engineering) mit einer zusätzlichen Vorderkammerlinse (Heidelberg Engineering). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk.

pAbbildung 4. Vorderkammerwinkel mit eindeutigem iridotrabekulärem Kontakt und zugehöriger vorderer Linsenwölbung. Aufgenommen mit dem Visante Zeitbereich-AS-OCT (Carl Zeiss Meditec). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk; SS, Skleralsporn./p

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Abbildung 4. Vorderkammerwinkel mit eindeutigem iridotrabekulärem Kontakt und zugehöriger vorderer Linsenwölbung. Aufgenommen mit dem Visante Zeitbereich-AS-OCT (Carl Zeiss Meditec). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk; SS, Skleralsporn.

Auf der Grundlage der anerkannten Definitionen von PACS und PAC ist es wichtig, das Ausmaß des iridotrabekulären Kontakts (weniger als bzw. mehr als 180°) zu bestimmen, und dies kann durch die Aufnahme mehrerer Scans an verschiedenen Stellen erreicht werden. Mit bestimmten OCT-Geräten ist es jedoch praktisch unmöglich, 360°-Bilder des iridokornealen Winkels aufzunehmen.

Trotz dieser Einschränkung ist die Präzision der AS-OCT wirklich außergewöhnlich, wenn die Bilder richtig aufgenommen werden. Darüber hinaus kann das AS-OCT periphere vordere Synechien präzise dokumentieren, die auf eine PAVK bzw. ein primäres oder chronisches Winkelverschlussglaukom hinweisen können (Abbildungen 5 und 6).11

pAbbildung 5. Vorderkammerwinkel mit peripheren vorderen Synechien. Aufgenommen mit dem Spectralis (Heidelberg Engineering) mit einer Zusatzlinse für den vorderen Augenabschnitt (Heidelberg Engineering). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk. In diesem Fall ist die Lage der Schwalbe-Linie eine Schätzung aufgrund der peripheren vorderen Synechien./p

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Abbildung 5. Vorderer Kammerwinkel mit peripheren vorderen Synechien. Aufgenommen mit dem Spectralis (Heidelberg Engineering) mit einer zusätzlichen Linse für den vorderen Augenabschnitt (Heidelberg Engineering). Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; SL, Schwalbe-Linie; TM, Trabekelwerk. In diesem Fall ist die Lage der Schwalbe-Linie aufgrund der peripheren vorderen Synechien eine Schätzung.

pAbbildung 6. Vorderkammerwinkel mit peripheren vorderen Synechien. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; TM, Trabekelmaschenwerk. Die Lage der Schwalbe-Linie kann aufgrund der starken peripheren vorderen Synechien nicht bestimmt werden./p

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Abbildung 6. Vorderer Kammerwinkel mit peripheren vorderen Synechien. Aufgenommen mit dem Cirrus HD-OCT im Fünf-Zeilen-Rasterbildmodus. Originalbild (A) und mit anatomischen Orientierungspunkten beschriftetes Bild (B). Abkürzungen: Descemet, Descemet-Membran der Hornhaut; Endothel, Endothel der Hornhaut; TM, Trabekelmaschenwerk. Es ist nicht möglich, die Lage der Schwalbe-Linie aufgrund der schweren peripheren vorderen Synechien zu bestimmen.

ZUSAMMENFASSUNG

AS-OCT kann ein wertvolles Instrument für die Identifizierung und sequentielle Bewertung von Patienten mit verschiedenen Pathologien des vorderen Segments sein. Es ist besonders vorteilhaft für die Beurteilung des Grades enger Winkel und des Winkelschlusses. Neben der Gonioskopie bietet die AS-OCT den Ärzten ein zusätzliches Fenster in das sich entwickelnde Gebiet des Winkelverschlussglaukoms, das weltweit eine der Hauptursachen für Sehstörungen ist.12,13

1. Radhakrishnan S, Rollins AM, Roth JE, et al. Optische Kohärenztomographie des vorderen Augenabschnitts in Echtzeit bei 1310 nm. Arch Ophthalmol. 2001;119(8):1179-1185.

2. Maram J, Pan X, Sadda S, et al. Reproducibility of angle metrics using the time-domain anterior segment optical coherence tomography: intra-observer and inter-observer variability. Curr Eye Res. 2015;40(5):496-500.

3. Marion KM, Maram J, Pan X, et al. Reproducibility and agreement between 2 spectral domain optical coherence tomography devices for anterior chamber angle measurements. J Glaucoma. 2015;24(9):642-646.

4. Pan X, Marion K, Maram J, et al. Reproducibility of anterior segment angle metrics measurements derived from Cirrus spectral domain optical coherence tomography. J Glaucoma. 2015;24(5):e47-51.

5. Marion KM, Niemeyer M, Francis B, et al. Effects of light variation on Schwalbe’s line-based anterior chamber angle metrics measured with Cirrus spectral domain optical coherence tomography. Clin Exp Ophthalmol. 2016;44(6):455-464.

6. Cheung CY, Zheng C, Ho CL, et al. Novel anterior-chamber angle measurements by high-definition optical coherence tomography using the Schwalbe line as the landmark. Br J Ophthalmol. 2011;95(7):955-959.

7. Qin B, Francis BA, Li Y, et al. Anterior chamber angle measurements using Schwalbe’s line with high-resolution Fourier-domain optical coherence tomography. J Glaucoma. 2013;22(9):684-688.

8. Crowell EL, Baker L, Chuang AZ, et al. Characterizing anterior segment OCT angle landmarks of the trabecular meshwork complex. Ophthalmologie. 2018;125(7):994-1002.

9. Sakata LM, Lavanya R, Friedman DS, et al. Comparison of gonioscopy and anterior segment ocular coherence tomography in detecting angle closure in different quadrants of the anterior chamber angle. Ophthalmology. 2008;115(5):769-774.

10. Koh V, Keshtkaran MR, Hernstadt D, et al. Predicting the outcome of laser peripheral iridotomy for primary angle closure suspect eyes using anterior segment optical coherence tomography. Acta Ophthalmol. 2019;97:e57-e63.

11. Aung T, Lim MC, Chan YH, et al. Konfiguration des Drainagewinkels, Augeninnendruck und Sehnervenkopfschalen bei Patienten mit chronischem Winkelverschlussglaukom. Ophthalmology. 2005;112(1):28-32.

12. Chew PT, Aung T. Primary angle-closure glaucoma in Asia. J Glaucoma. 2001;10(5 Suppl 1):S7-8.

13. Foster PJ, Johnson GJ. Glaukom in China: Wie groß ist das Problem? Br J Ophthalmol. 2001;85(11):1277-1282.

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