Ambroise Paré
(1510 ?-1590)
Ambroise Paré gilt als der größte mittelalterliche Chirurg des 16. Jahrhunderts, der trotz seiner bescheidenen protestantischen Anfänge vier französischen (katholischen) Königen (Heinrich II, Franz II, Karl IX und Heinrich III) diente. Paré wurde 1510 (?) in Nordfrankreich geboren. Obwohl er keine formale medizinische Ausbildung hatte, erhielt er eine praktische Ausbildung im Hotel Dieu in Paris, einem der ältesten französischen Krankenhäuser. Aufgrund seiner Intelligenz und seiner langjährigen Erfahrung, die er während der Feldzüge (1542) und der französischen Religionskriege (1562-1598) weiter ausbauen konnte, genoss er den Respekt und den Schutz des Königshauses. Während des Massakers am Bartholomäus-Tag (23. August 1572), als ein randalierender Mob Zehntausende von Hugenotten (calvinistische Protestanten) in Paris tötete, wurde Pare von Karl IX. selbst gerettet.
Pare war ein praktizierender Barbier-Chirurg mit beträchtlicher Geschicklichkeit und Originalität. Ihm wird die Erfindung neuer zahnärztlicher und chirurgischer Instrumente zugeschrieben, die Einführung der Ligatur zur Blutstillung anstelle der Anwendung eines heißen Eisens und die Kauterisation mit kochendem Öl, um die „giftige“ Natur des Schießpulvers loszuwerden. Er verwendete Balsamierungsmittel aus Eigelb und Terpentinöl, was ihm den Spitznamen „der sanfte Chirurg“ einbrachte. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, den „gebildeten“ Chirurgen und Ärzten, sprach Paré kein Latein. Er schrieb in französischer Sprache, und sein erstes vollständig veröffentlichtes Werk erschien erst recht spät in seinem Leben (1575), erlebte aber bereits Dutzende von Auflagen und Übersetzungen. Vor seinen Gesammelten Werken veröffentlichte Paré 1545 die Methode zur Heilung von Wunden, die durch Arkebusen und Feuerwaffen verursacht wurden, und 19 Jahre später die Abhandlung über die Chirurgie.
Das Exemplar in unserer Sammlung ist eine Ausgabe der Gesammelten Werke (Oeuvres) von 1652 in französischer Sprache. Es ist ein gewaltiger Band von 924 Seiten. Es ist eines der bemerkenswertesten chirurgischen Werke aus der Zeit der Renaissance. Darin fasst Paré das gesamte bisherige medizinische und chirurgische Wissen zusammen und zitiert 173 Autoren, darunter die griechischen, römischen und arabischen Klassiker (Hippokrates, Platon, Celsus, Galen, Rhazes, Avicenna), aber auch Werke seiner Zeitgenossen wie Vesalius und Fallopius. Besonders erwähnenswert sind seine außergewöhnlichen Illustrationen, über 320 Stiche, die in späteren Publikationen weithin kopiert wurden, darunter Scultetus‘ Armamentarium Chirurgicum, ein weiterer Band in unserer Sammlung.
Redaktionelle Anmerkung: Andrew I. Spielman